Die Kosten für Strom haben sich im letzten Jahr vervielfacht und es ist anzunehmen, dass sich der Preis pro Kilowattstunde (kWh) in Zukunft auf hohem Niveau einpendelt. Es ist sogar möglich, dass Verbraucher in Zukunft noch mehr Geld für Energie ausgeben müssen. Zudem treten die Folgen des Klimawandels immer stärker in den Fokus, die Generierung sauberen Stroms in Privathaushalten wird immer wichtiger.
Die Regierung hat daher schon einige Maßnahmen getroffen, damit Photovoltaik für jedermann erschwinglich wird. Überdies werden mit der von Minister Robert Habeck im Mai 2023 vorgelegten Photovoltaik-Strategie weitere Erleichterungen erwartet. Die Lockerungen umfassen auch sogenannte Balkonkraftwerke. Diese dürfen bisher 600 Watt pro Einheit produzieren und können ohne großen bürokratischen, technischen und finanziellen Aufwand installiert werden. Was ist dabei zu beachten?
Was ist ein Balkonkraftwerk?
Ein Balkonkraftwerk (600w), beziehungsweise eine Stecker-Solaranlage, ist eine kleine Photovoltaik-Anlage, die mit bis zu zwei Modulen und einem Wechselrichter ausgestattet ist. Sie erlaubt es den Nutzern, ihren Eigenbedarf an Strom teilweise selbst zu produzieren.
Damit wird es möglich, dass die Millionen Verbraucher, denen keine eigenen Dachflächen zur Verfügung stehen, sauberen und günstigen Strom erzeugen. Vor allem Mieter und Bewohner von Etagenwohnungen profitieren von dieser Art der dezentralen Stromversorgung. Auch Gartenbesitzer haben nun die Möglichkeit, einfach und bequem kostenlosen und emissionsfreien Strom zu produzieren.
Wie funktioniert ein Balkonkraftwerk?
Im Prinzip unterscheidet sich die Funktionsweise von Balkonkraftwerken nicht von der Funktionsweise herkömmlicher PV-Anlagen. Module aus Silizium fangen die Sonneneinstrahlung auf und wandeln sie in Gleichstrom um. Ein eingebauter Mini-Wechselrichter transformiert die Energie in Wechselstrom, mit dem alle elektrischen Geräte betrieben werden.
Nach der Installation wird das Balkonkraftwerk einfach mittels eines Stromkabels, das im Lieferumfang enthalten ist, mit einer Steckdose verbunden. Dadurch verlangsamt sich der Stromzähler und die Stromrechnung fällt jeden Monat geringer aus. Derzeit lassen sich mit einer Mini-PV-Anlage etwa 30 Prozent des Eigenbedarfs an Strom produzieren. Wer zusätzlich in eine Solarbatterie investiert, kann den Strom auch bei Nacht nutzen oder in Zeiten mit wenig Sonnenschein.
Wo lassen sich Balkonkraftwerke installieren?
Der Name suggeriert, dass die Apparate nur am Balkongeländer befestigt werden können. Dies stimmt so nicht! Eine Mini-PV-Anlage lässt sich überall da installieren, wo die Sonne ausreichend scheint. Oft werden sie auf einer schattenlosen Rasenfläche im Garten oder auf der Veranda aufgeständert oder auf dem Dach der Garage beziehungsweise des Gartenhäuschens befestigt. Nützliche Dienste leistet ein Balkonkraftwerk im Schrebergarten, wenn es mit einem zusätzlichen Speicher ausgestattet wird.
Für wen lohnt sich eine Mini-PV-Anlage?
Grundsätzlich lohnt sich ein Balkonkraftwerk für alle Verbraucher. Es ist wartungsarm und hat einen sehr langen Lebenszyklus. Die meisten Hersteller statten Mini-PV-Anlagen mit einer Garantie von 25 Jahren aus.
Die Preise für ein Balkonkraftwerk bewegen sich zwischen 600 und 1.200 Euro. Wird dabei ein realistischer Preis von 40 Cents/kWh angenommen, lassen sich jährlich um die 240 Euro einsparen. Innerhalb von 30 bis 60 Monaten amortisiert sich die Investition. Danach wird der klimaschonende Strom kostenlos produziert. Wem die Anfangsinvestition zu hoch ist, kann ein Balkonkraftwerk auch mieten.
Wird eine Genehmigung benötigt?
Sofern die gesetzlichen Vorgaben Beachtung finden, muss keine Genehmigung eingeholt werden. Es besteht allerdings eine Meldepflicht beim örtlichen Netzbetreiber. Außerdem muss die Anlage ins Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur eingetragen werden. Beide Aufgaben lassen sich online innerhalb weniger Minuten erledigen.
Welche Fördermittel werden bereitgestellt?
Schon Anfang 2023 wurde die Mehrwertsteuer auf Photovoltaik-Produkte und -Dienstleistungen rückwirkend für 2022 erlassen. Für Balkonkraftwerke werden zusätzlich in einigen Bundesländern und vielen Kommunen Fördergelder vergeben, die bei den zuständigen Stellen abgerufen werden können. In der Regel müssen die Gelder vor dem Kauf beantragt werden.
Was ist bei der Installation einer Mini-PV-Anlage zu beachten?
Ein Balkonkraftwerk wird in der Regel steckerfertig geliefert. Zur Installation ist weder ein Fachbetrieb notwendig, noch bedarf es eines speziellen Werkzeugs. Werden die Angaben des Herstellers beachtet, kann die Installation ohne Einschränkung von Laien vorgenommen werden.
Der optimale Standort eines Balkonkraftwerks
Die Suche nach dem besten Standort gestaltet sich etwas komplizierter. Es ist der Aufstellungsort zu wählen, der mit der meisten Sonneneinstrahlung gesegnet ist. Obendrein ist den folgenden Aspekten Rechnung zu tragen, um die besten Ergebnisse zu erzielen:
- Himmelsrichtung: Hierzulande wird der meiste Ertrag erzielt, wenn die Module gen Süden ausgerichtet sind. In Haushalten, bei denen Verbrauchsspitzen am Morgen und am Nachmittag abgedeckt werden müssen, ist es sinnvoller, wenn ein Modul in Richtung Westen und das andere in Richtung Osten zeigt.
- Schatten: Verschattungen von Bäumen oder Nachbargrundstücken sind zu vermeiden, da dieser Umstand den Ertrag bedeutend mindert.
- Neigungswinkel: In unseren Regionen empfiehlt sich ein Neigungswinkel von 30 bis 35 Grad.
- Absicherung: Die Module sind sehr strapazierfähig und widerstehen den meisten Witterungsbedingungen, heftiger Hagel vielleicht ausgenommen. Wechselrichter, Stromkabel und Steckdose sollten vor Feuchtigkeit und Hitze geschützt werden. Überdies empfiehlt es sich, die Mini-PV-Anlage an eine Einzelsteckdose anzuschließen und aus Gründen der Überlastung den Einsatz von Mehrfachsteckdosen zu vermeiden.
Welche Änderungen sind für 2023 vorgesehen?
Das zuständige Ministerium hat sich mit dem angeführten PV-Strategie-Papier auf die Fahne geschrieben, für die Photovoltaik “alle Bremsen zu lösen, die (bisher) ein zügiges Tempo des Ausbaus verhinderten.” Für Mini-PV-Anlagen greifen mehrere Erleichterungen, wenn die Vorschläge in der zweiten Jahreshälfte wie erwartet in Gesetze gegossen werden.
Steuerbefreiung
Habecks Papier umfasst eine Reihe von Steuererleichterungen. Relevant für den Kauf von Balkonkraftwerken ist der Wegfall der Mehrwertsteuer.
Mehr Leistung möglich
Bisher ist der Ertrag von Stecker-Solaranlagen auf 600 Watt begrenzt. PV-Anlagen, die Strom in größeren Mengen produzieren, unterliegen strengeren Regelungen und müssen vom Fachbetrieb installiert werden. Diese Obergrenze wird gemäß den Regelungen der Europäischen Union (EU) aller Wahrscheinlichkeit auf 800 Watt angehoben, wodurch sich die Erträge merkbar steigern lassen.
Schuko-Stecker statt teurem Wieland-Stecker
Der wohl größte Bremser für die flächendeckende Einführung von Mini-PV-Anlagen war bisher der Verband für Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik e. V. (VDE). Jahrelang bestand der Lobbyverband darauf, dass Stecker-Solaranlagen nur mithilfe eines sogenannten Wieland-Steckers mit dem Hausnetz verbunden werden dürfen.
Den Einbau dieser Art von Steckdosen darf nur ein Fachbetrieb vornehmen, wodurch sich die Anlagen verteuern und erheblich an Rentabilität verlieren. Diese Position hat der VDE kürzlich aufgegeben. Zukünftig ist die Verwendung eines einfachen Schuko-Steckers ausreichend.
Zähler mit Rücklauf
Balkonkraftwerke sind nicht dafür gedacht, überschüssigen Strom ins öffentliche Netz einzuspeisen. Trotzdem ist das möglich. Daher wird der Zähler vom örtlichen Versorger kostenlos ausgetauscht, bevor das Kraftwerk in Betrieb genommen werden kann.
Aufgrund des Fachkräftemangels und der großen Nachfrage benötigen die Versorger derzeit mehrere Monate, um den Austausch zu bewerkstelligen. Daher darf die Anlage künftig direkt in Betrieb genommen werden, ohne dass auf den Zählerwechsel gewartet werden muss.
Fazit
Balkonkraftwerke sind keine neue Erfindung. Bisher haben bürokratische Hürden verhindert, dass sich diese Form der sauberen und billigen Form der Energieerzeugung durchgesetzt hat. Mit den zu erwartenden Änderungen wird es zukünftig möglich sein, dass alle Verbraucher an der Energiewende partizipieren.